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Teamphasen aus der Hängematte

Ich erinnere mich gut: letztes Jahr war mein letztes Firmenseminar vor der Sommerpause  ein Führungskräfte-Workshop. Natürlich war ein Bestandteil auch die Teamphasen nach Bruce Tuckman, die jedes Team durchläuft, bevor es zum Dreamteam wird: Forming (Zusammenkommen in neuem Setting), Storming (Auseinandersetzung & Konflikt), Norming (Regulierung & Kontrakt), Performing (Leistung & Kooperation).

 

Direkt im Anschluss an dieses Seminar fuhr ich in den Süden in Urlaub - natürlich zum Campen. Und während ich ganz gemütlich in der Hängematte aufgespannt zwischen zwei Pinien lag, ein kühles Getränk in der Hand (es war bereits später Nachmittag) und sanft hin und her schaukelte, erlebte ich das Wesen der Teamphasen noch einmal live und in absoluter Reinform - und das möchte ich Euch nicht vorenthalten :-).


Teamphase 1 - Forming:
Ein Familien-Van hielt ein paar Meter entfernt von mir und meinem Aussichtsplatz aus der Hängematte heraus an. Eine 5-köpfige Familie stieg aus, sah sich um. Nach einer Weile schätzten die Eltern die Bodenbeschaffenheit ein und ermittelten die Himmelsrichtungen, um dann festzulegen, wo das große Zelt aufgestellt werden sollte. Den Gesprächen konnte ich entnehmen, dass dies der erste Übernachtungsplatz des Urlaubs war. Alle standen ein bisschen planlos herum, sie waren offensichtlich noch nicht ganz im Urlaubsmodus.

Teamphase 2 - Storming:
Das Auto wurde leer geräumt und die Zelttasche ausgepackt. Die Eltern und der älteste Sohn machten sich daran, das Zelt aufzustellen, während die anderen beiden Kinder zunächst rumsaßen und dann so langsam das Quengeln anfingen. Sie hätten Hunger und Durst und ob sie nicht herumlaufen könnten. Die Mutter reagierte gestresst, suchte etwas Essbares - und fand wohl nichts, denn sie schickte die Kinder in den Minimarkt des Platzes. Diese wollten aber nicht alleine hin, so dass die Mutter schließlich seufzend mitging. Vater und Sohn versuchten nun das Zelt aufzustellen, was nicht so einfach war. Es dauerte nicht lange, und die beiden bekamen sich in die Haare. Nichts klappt, nichts passte zusammen, und jeder gab dem anderen die Schuld. Mittlerweile dämmerte es.

Die Mutter kam zurück und war unzufrieden, dass das Zelt immer noch nicht stand, worauf der Vater erstmal wütend abzog. Und so ging es noch geschlagene 1,5 Stunden weiter. Es war bereits dunkel als das Zelt stand, so dass mit Taschenlampenlicht alles Notwendige zum Schlafen aus dem Auto geschafft werden konnte.

Unser Zeltnachbar meinte zu mir: „die Armen, das kann ja heiter werden, wenn das den ganzen Urlaub so weiter geht“. Doch ich wusste es besser: die Familie befindet sich - wie so viele andere (einschließlich mir) zu Beginn eines gemeinsamen Urlaubs - noch in der Storming-Phase. Entscheidend ist nun, ob sie ein gutes Norming hinkriegen. Wenn ja, dann wird der Urlaub toll, wenn nein, dann wird es an jedem Ort ihrer Rundreise zu Stress-Situationen kommen.

Teamphase 3 - Norming:
Ein paar Tage später - ich lag wieder einmal in meiner Hängematte - wurde ich Zeugin der Lagebesprechung für die nächste Station dieser Familie. Alle saßen um den Camping-Tisch herum und sie besprachen, wie sie es beim nächsten Mal machen. Ein Kind bekam den Auftrag gleich nach Ankunft für kühle Getränke und Snacks zu sorgen. Ein anderes sollte mit der Mutter den Platz auschecken und ein gutes Abendessen-Lokal organisieren. Und Vater und der Älteste besprachen, wie sie das Zelt am schlauesten und schnellsten aufbauen. An welchen Stellen sie noch eine 3. Person brauchen, und wer welchen Handgriff macht. Beim Abbau und Einpacken konnte ich leider nicht zuschauen, weil ich am Strand lag und aufs Meer schaute.

Teamphase 4 - Performing
Zwei Wochen später begegneten wir der Familie wieder - dieses Mal auf einem anderen Platz. Ich lag natürlich wieder in meiner Hängematte und freute mich auf ein bisschen Action. Doch es war sehr langweilig. Innerhalb einer halben Stunde stand das Zelt, kaum ein Wort wurde gewechselt und ganz schnell war alles eingerichtet. Jeder erledigte seine Aufgaben, jeder wusste genau was er zu tun hatte und es kam nicht einmal zu einer klitzekleinen  Auseinandersetzung. Wie fad! Aus einer sich streitenden Familie ist ein wahres Dreamteam geworden, das den Urlaub sichtlich in vollen Zügen genoss.

Teamphasen gibt es also nicht nur im Firmenkontext, sondern überall dort, wo Menschen mit einem gemeinsamen Aufgabe zusammenkommen - also nicht nur beim Camping, das gleiche gilt für den Cluburlaub oder den BackPacker-Trip.

Mein Tipp für einen entspannten Urlaub: Unzufriedenheit und Stress nach der ersten Urlaubseuphorie ist ganz normal, lasst Euch davon nicht unterkriegen. Entscheidend ist, dass Ihr den nächsten Schritt tut und Aufgaben, Bedürfnisse und Erwartungen so regelt, dass es für alle ok ist. Und dann ist Erholung, Genuss und Urlaubsfreude möglich und unbedingt angesagt. Schönen Urlaub!!!


Danke für's Teilen ;-)

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Kommentare: 2
  • #1

    Anne Trambale-Faltus (Sonntag, 02 August 2015 20:16)

    Sehr schön geschrieben und wie oft habe ich diese Phasen im normalen Familienalltag schon erlebt. Also Zielist ins Performing zu kommen... ich finde, wenn man es so betrachtet, dann wirkt es wesentlich entspannter... die sogenannten "ewigen Streitereien":-)

  • #2

    Iris (Montag, 03 August 2015 09:56)

    finde ich auch :-)))