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So etabliert sich Lerncoaching in Unternehmen

Eine typische Situation eines Lerncoachings im Unternehmen: Herr Fischer und Frau Gertz haben sich für eine Stunde in einem Besprechungsraum eingebucht und sind gerade dabei einige Kärtchen auf dem Tisch in eine Reihenfolge zu bringen. Die ersten Karten werden blitzschnell zugeordnet, dann wird Frau Gertz unsicher. Welches Kärtchen ist wohl das nächste? Sie gerät zunehmend unter Stress. Herr Fischer unterbricht die Situation, zeigt das richtige und gemeinsam überlegen sie, wie eine Verbindung vom vorherigen zu diesem geschaffen werden kann. Frau Gertz  findet eine Eselsbrücke für sich und entspannt sich sichtlich. Dazu gibt Herr Fischer Tipps für den Umgang von Stress-Situationen.

Frau Gertz war nach einem Unfall mehrere Monate krank geschrieben und kehrte vor 6 Wochen an ihren Arbeitsplatz zurück. Der Einstieg fiel ihr sehr schwer, nichts scheint mehr wie vorher zu sein. Einige Software Programme haben sich völlig geändert und Frau Gertz hat das Gefühl vollkommen überfordert zu sein, ärgert sich maßlos über sich selber und fühlt sich dumm und unfähig.


Ihr Vorgesetzter hat einige Versuche unternommen, Frau Gertz Unterstützung zu geben, doch irgendwie klappt es nicht. Da erinnert er sich an den neu eingerichteten Lerncoach-Pool im Unternehmen. Kurzer Hand nimmt er Kontakt zu dem zuständigen Koordinator auf und schon am nächsten Tag gibt es ein erstes Treffen von Herrn Fischer, Frau Gertz und ihrem Chef. Eine Woche später beginnt das Lerncoaching.

Solche Szenen spielen sich immer häufiger in - vor allem größeren - Unternehmen ab. Seit etwa 5 Jahren bilde ich in Firmen interne Lerncoaches aus, die sich mittlerweile als feste Größe im Bereich Mitarbeiter-Entwicklung etablieren. In diesem Artikel möchte einige Erfahrungen für eine erfolgreiche Etablierung von Lerncoaching in Unternehmen weitergeben:

Klare Definition von Aufgaben eines Unternehmens-Lerncoach:

  • Mitarbeiter/innen mit besonderem, individuellen Schulungsbedarf werden gezielt darin unterstützt, Aufgaben und Anforderungen besser zu bewältigen.
  • Ältere Mitarbeiter werden durch das KnowHow der Lerncoaches, was sich beim Lernen bei Älteren  verändert, bei bestimmten Aufgaben begleitet.
  • Auszubildende werden darin unterstützt, Prüfungen besser zu bestehen.

  • Der Lerncoach hat keine Kenntnisse über den jeweiligenInhalt, denn er entwickelt gemeinsam mit dem Mitarbeiter Lösungsstrategien, unabhängig vom Sachverhalt, indem er z.B. passende Lernstrategien vermittelt oder Denkblockaden löst.
  • Ein Lerncoach ist kein Sozialberater oder psychologischer Berater - er ist ausschließlich im Lernkontext tätig.


Interne Ausbildung zum Lerncoach:

Eine fundierte unternehmens-interne Ausbildung zum Lerncoach stellt eine kompetente Beratung und Begleitung sicher. In den letzten Jahren hat sich ein Modell von 3x 2 Tagen verteilt über ca. 4 Monate bewährt. In diesem Zeitraum können alle wichtigen Lerncoaching-Themen, die für den Unternehmenskontext wichtig sind, vermittelt werden. Eine halbjährliche Supervision ergänzt die Ausbildung.

Zielgruppe einer Ausbildung:
Trainer/innen, IT-Beauftragte, Ausbilder/innen, Schulungsleiter/innen, Mitarbeiter/innen der Personalentwicklung, Ausbildungsbeauftragte, Einweiser neuer Mitarbeiter/innen …

Vorteile für das Unternehmen:

  • Mitarbeiter können nach Krankheit schneller wieder eingegliedert werden.
  • Mitarbeiter können individuell geschult werden, wenn Weiterbildung in der Gruppe nicht gelungen oder - aus welchen Gründen auch immer - nicht möglich ist.
  • Es kann auf die veränderten Lernfähigkeiten älterer Mitarbeiter eingegangen werden und so Mitarbeiter mit all ihrem Erfahrungsschatz länger im Unternehmen gehalten werden.
  • (Innere) Kündigungen aufgrund von Überforderungsgefühl können reduziert werden.
  • Unternehmen können zeigen, dass ihnen ihre Mitarbeiter wichtig sind, es ist ein wichtiger Beitrag zur Mitarbeiterbindung.
  • Auszubildende, die gut im Job sind, jedoch Schwierigkeiten in der Schule haben, können gezielt unterstützt werden.

Vorteile für die gecoachten Mitarbeiter/innen:
Mitarbeiter bekommen einen in Lernfragen kompetenten Kollegen an die Seite gestellt, der sie darin unterstützt, bestimmte Aufgaben besser bewältigen zu können. Das Gefühl für die eigene Kompetenz kommt zurück und wirkt sich auch auf andere Arbeitsbereiche aus. Arbeitszufriedenheit und Freude am Job kehren zurück. Aufgaben können besser und schneller erledigt werden.

Vorteile für die internen Lerncoaches:
Lerncoaching ist eine neue Aufgabe, die anspruchsvoll, modern und herausfordernd ist. Die Bindung an das Unternehmen steigt und die neue Aufgabe fördert ein Expertise-Erleben. Zudem lernt man andere Abteilungen in der Firma kennen und erhält eine Art Sonderstatus durch seine Lerncoaching-Tätigkeit. Die Arbeitszufriedenheit steigt.

Wie Lerncoaching im Unternehmen organisiert sein kann:

  • Für das Etablieren von Lerncoaching in Firmen gibt es mehrere Möglichkeiten: Es kann ein Lerncoach-Pool eingerichtet werden, auf den die Führungskräfte nach Bedarf zugreifen können.
  • Oder es wird je Abteilung ein Lerncoach ausgebildet, der für die abteilungsinternen Mitarbeiter zuständig ist.
  • Oder es gibt einen Verantwortlichen für ein bestimmtes Thema, z.B. Lerncoaching bei der Wiedereingliederung von Mitarbeitern nach langer Krankheit oder Elternzeit.

Die Möglichkeiten sind vielfältig. Wichtig ist, dass es einen Fürsprecher im Unternehmen gibt, der dieses Thema vorantreibt und für seine Notwendigkeit wirbt - dann ist viel möglich!


Ich persönlich erlebe große Aufbruchstimmung zu diesem Thema in den letzten Jahren.  Vier Ausbildungen in Unternehmen laufen in diesem Jahr. Die Schlagworte „Lernende Organisationen“ oder „Lebenslanges Lernen“ werden immer ernster genommen und es wird erkannt, dass Lernen nicht immer allen ganz leicht fällt, und dass daher eine interne kompetente Unterstützung viele Chancen bietet.

Kommen wir zu Frau Gertz zurück. Das Lerncoaching ist nach 4 Sitzungen vorerst abgeschlossen. Frau Gertz hat mit sehr zielorientierter Unterstützung von Herrn Fischer viele Lücken geschlossen, ist deutlich zuversichtlicher geworden was die Bewältigung neuer Aufgaben angeht und hat für sich viele nützliche Strategien entwickelt, wie sie neue Inhalte und Anforderungen bewältigen kann.

 

Danke für's Teilen :-)

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