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Lernformat: 1-2-4-all auf den Kopf gestellt

Methoden können flexibel angepasst werden
Methoden können flexibel angepasst werden

  

Wenn die Frage gstellt wird: „Was ist deine Lieblingsmethode aus dem Menü der Liberating Structures?“, dann kommt fast immer: 1-2-4-all (früher auch think, pair, group, share genannt).

 

Zuerst arbeitet man für sich an einem Thema, dann zu zweit, dann zu viert und schließlich wird im Plenum geteilt. Ziel ist, dass alle beteiligt sind und es im Ergebnis keine Doppelungen gibt. 

 

Ich mag diese Methode auch sehr gerne und setze sie oft ein, egal ob online oder in Präsenz. Vor einiger Zeit habe ich eine Variante davon ausprobiert, die ich im letzten Blog-Artikel zum Thema „Scrap Learning“ erwähnt habe. Darauf gab es so viele Fragen und Reaktionen, dass ich  sie hier etwas näher - an einem anderen Beispiel - beschreiben möchte. 

Aus 1-2-4-all wird all-4-2-1!

Grundsätzlich: Wir haben im Plenum begonnen, sind dann in 4er Gruppen zusammen gegangen, dann in 2er und schließlich haben wir mit Einzelarbeit abgeschlossen.

 

Mir schien das spontan der sinnvollere Weg zu sein, denn der Anlass war ein Mini-Online-Workshop zu dem Thema „Wo stehen wir in bezug auf Wissen-Teilen als Team in einer lernenden Organisation?“

 

Wir hatten 2,5 Stunden Zeit um zu konkreten Ergebnissen zu kommen. Ziel war, dass in Zukunft jede:r einzelne Verantwortung für das Wissen-Teilen im Team übernimmt.

Was bewirkt das Umdrehen der Reihenfolge?

Meine Hypothese war, dass wenn wir im Plenum enden, dass die individuelle Verantwortung dann nicht mehr so klar gesehen wird. Bei einem Gruppenergebnis besteht die Gefahr, dass man sich hinter anderen leicht verstecken kann. So nach dem Motto: „die Kollegin A wird unsere Ideen schon umsetzen oder der Kollege B, ist für sowas geradezu prädistiniert …“. 

 

Daher wollte ich mit einer konkreten Umsetzung jede / jeden Einzelne:n einschließen. Zudem fördert allein die umgedrehte Methode die gedankliche Logik weg vom Allgemeinen, Abstrakten hin zum Konkreten.

Das war der konkrete Ablauf von all-4-2-1

all (45min) - wir starteten mit einem strukturierten Debatten-Format. D.h. ich hatte vorab verschiedene Aspekte von „Wissen teilen“ gesammelt und in das Plenum gegeben. Z.B. „wir haben einen Ort, wo Wissen platziert wird.“ Oder „wir besuchen unseren zentralen Wissens-Sammlungsraum gerne.“ Die Gruppe konnte natürlich weitere Aspekte ergänzen.

 

Jedes Teammitglied bekam eine Aussage (auf einem virtuellen Whiteboard) und hat sie einem Pol von „ja, zutreffend“ bis „nein, nicht zutreffend“ platziert, versehen mit einem Satz zur Begründung. Z.B. „Raum gerne aufsuchen“ > eher nein, weil es mehrere Klicks braucht, um dort hineinzukommen. Die anderen hören nur zu, es wird nicht bewertet oder diskutiert.

 

Nach Abschluss der 1. Runde, kann jeder eine Karte verschieben, also eine Art Veto einlegen - wieder mit einem Satz Begründung. Je nach Zeit können auf diese Weise mehrere Runden durchlaufen werden. Z.B. „ich schiebe die Karte eher in Richtung  JA, weil ich die Darstellung auf dem Bord sehr übersichtlich finde“. Ziel dieser ersten Runde war, dass alle für das Thema sensibilisiert sind (Ziel war nicht, dass alle zu einer Einigung kommen).

 

4 (30min) - In einer 4er Gruppe wurde entschieden, mit welche(n) Karte(n) sie sich näher beschäftigen wollen. Die zentrale Fragestellung war: „was tun wir, damit uns dies gut gelingt (Gebrauchsanweisung) oder was können wir tun, damit es besser wird?" Z.B. Wissen teilen in öffentlichen Lerntagebüchern, Learning Friday installieren: mini-workshop zum Gelernten in 10min, Fundstücke der Woche als Team-Nachricht, Lern-Litfasssäule … . Die Ergebnisse wurden ohne Präsentation auf dem Whiteboard visualisiert.

 

2 (30min) - die in der 4er Gruppe gesammelten Ideen werden im 2er Team weiter verfeinert und konkretisiert. Es kann eine Idee sein oder mehrere. Z.B. „wie und wo können wir so eine Lern-Litfass-Säule aufstellen? Vor Ort oder auch online? Wie sieht sie aus … usw". Die Ausarbeitung wird wieder ohne Präsentation festgehalten.

 

1 (15min) In der Einzelarbeit wird dann überlegt, was man selbst genau dafür tun wird. Das konkrete ToDo wird im Team öffentlich gemacht und mit Namen versehen. Z.B. „ich stelle eine Litfass-Säule im Office auf und informiere alle Teammitglieder darüber“. Oder: „ich pflege diese Litfass-Säule, d.h. …“

 

Diese Einzelbeiträge werden im Plenum in einem Satz formuliert, damit wird die Verbindlichkeit noch einmal erhöht. Gibt es doppelte Beiträge, können sich die Teammitglieder zusammentun oder ihn aufteilen. Zeitvorgabe: 15min.

 

Danach war Ende des Mini-Workshops.

Fazit

Je mehr die / der Einzelne in die Verantwortung genommen wird oder je konkreter eine Umsetzung sein soll, desto eher bietet sich diese Variante der beliebten Methode an.

 

Jetzt, wo ich so darüber schreibe, kann ich mir auch eine Abfolge als Berg vorstellen: 1-2-4-all-4-2-1. Was meinst du?

Lust auf Learning Facilitation bekommen? Die beschriebene Methode ist eine aus dem Fundus von Learning Facilitation. Ab Herbst 2023 gibt es eine Seminarreihe dazu. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Tobias Lienhard (Freitag, 21 Juli 2023 08:52)

    Klasse Idee ��
    Ich hatte auch sofort die Berg-Metapher vor dem inneren Auge. Das würde ich auch gern mal ausprobieren �

    Grundsätzlich fand ich die Herangehensweisen spannend, das 1/2/4/All umzudrehen um die Verantwortung zu konkretisieren. Danke für das Teilen ��

    Tobias

    leanheart-workshops.com

  • #2

    Iris (Freitag, 21 Juli 2023 15:17)

    Danke, Tobias für die Rückmeldung �. Die Berg-Variante hat sicher Potential.