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Was wäre, wenn es keine Lernziele mehr gäbe - dafür nur noch Machziele?

Und was hat das Ganze mit einem Bagger zu tun?
Und was hat das Ganze mit einem Bagger zu tun?

Was wäre, wenn wir „Lernziele“ konsequent durch „Machziele“ ersetzen würden? Im Handeln, in der Sprache, im Denken?

 

Diesen interessanten Gedankensamen hat Ben Jaksch in einem Podcast Gespräch mit Conny Hattula im März 2023 gegen Ende eher so nebenher formuliert … und er ließ mich nicht mehr los.

 

Also habe ich ein bisschen damit experimentiert. Das Ergebnis: es verändert sich tatsächlich etwas. Vor allem in der Haltung gegenüber Lernen. Positiv.

3 Effekte, wenn man nicht mehr in Lernzielen denkt

Ich habe diese Veränderung weg vom Lernziel hin zum Machziel zunächst bei mir selbst bei einem meiner Lernprojekte vorgenommen, dann im Lerncoaching und schließlich auch in einer Seminargruppe. 

 

Das erste, was mir auffiel war, dass sich der Fokus grundlegend ändert. Nicht mehr der Lernprozess steht im Vordergrund, sondern das, was dadurch möglich wird. Der Weg dorthin ist dann nur noch Mittel zum Zweck. Gerade bei Lernenden, die keine positive Lernbiographie haben, ist das sehr motivierend.

 

Zudem wird durch ein Machziel ganz von alleine der Transfer und die Umsetzung in den Alltag immer gleich mitgedacht. Dies verändert das Engagement für das Lernen enorm, die Anstrengungstoleranz steigt und die Sinnhaftigkeit wird überhaupt nicht mehr in Frage gestellt.

 

Was mich am meisten beeindruckt hat: durch das Denken in Machzielen, sind automatisch die Lernwege und -quellen deutlich vielfältiger und individueller geworden. Es geht ja nicht mehr ums Lernen, sondern um das Ergebnis oder das, was ich damit machen will. Dadurch weitet sich der Blick auf die Lernmöglichkeiten. 

Nachteile von Machzielen

Den einzigen Nachteil, den ich sehe, ist der sehr funktionalistische Lernstil, der dadurch entsteht. Jedes Lernen erfüllt dann einen Zweck. Ich bin jedoch ein großer Fan - auch - von ziellosem Lernen. Also etwas zu lernen, von dem ich keine Ahnung habe, ob es jemals nützlich sein wird, ob ich etwas damit anfangen kann oder in die Praxis transferieren kann. Das kann eine Philosophie sein, eine Sprache oder auch eine Handlung. 

 

Z.B. würde ich gerne einmal lernen einen Bagger zu bedienen, wohl wissend, dass ich niemals Baggerführerin werde. Aber mich interessiert das Gefühl, wie es ist, in der dieser Kabine zu sitzen, die Schaufel zu lenken und zu erfahren, wie lange es braucht, bis ich sie einigermaßen beherrsche. Es ist völlig sinnlos und ohne Funktion für mich, und trotzdem bin ich sehr neugierig.

 

Daher habe ich für mich die Formulierung „blaues Ziel“ gefunden. Es bezeichnet das Lernen ins Blaue hinein, das ich mir nicht nehmen lassen möchte.

Konkrete Umsetzung von Machzielen in der Praxis

So sah die konkrete Umetzung in der Praxis aus:

 

In einem Lerncoaching:

Statt dem Lernziel: „ich möchte spontan und sicher in Meetings englisch sprechen können“, habe ich den Coachee ermuntert zu überlegen, was er in Zukunft anders machen oder erleben will, worum es ihm also eigentlich geht. Er beschrieb es so: „ich freue mich auf die englischen Meetings, ich gehe ohne große Vorbereitung hinein, ich beteilige mich auch bei Themen, die nicht zum daily Business gehören, ich lerne neue Kolleg:innen an internationalen Standorten kennen … usw.“ Die Motivation, dran zu bleiben und auch mal dröge Vokabeln zu lernen, ist enorm gestiegen, berichtete er mir.

 

  

In einer Seminargruppe in einem Kommunikations-Training:

Mit einer dialogischen Methode haben wir zu Beginn Vorbilder gesammelt. Was hat uns an diesen Kommunikator:innen fasziniert und beeindruckt? Was davon würde ich auch gerne können? In welchen Situationen? Bei welchen Gelegenheiten?

 

Dabei habe ich auf eine anschließende konkrete Formulierung bewusst verzichtet, sondern habe den Spirit im Raum stehen lassen und im Verlauf des Seminars immer wieder aufgegriffen. 

 

  

Bei mir selbst: die Erarbeitung der Chancen und Grenzen von KI im Lernkontext

Mein Machziel: Für meine eTrainer:innen eine Unit erstellen, die sie Schritt für Schritt mit Klarheit und Orientierung sowie Verstand und Verantwortung durch dieses komplexe Thema leitet. Mit der Erstellung dieser Unit habe ich bereits während des Lernprozesses begonnen und selbst unglaublich davon profitiert.

Mein Fazit

Ich bin innerhalb kürzester Zeit ein großer Fan von Machzielen geworden und werde sie in meinem täglichen Business als Learning Facilitator, Trainerin und Coach verstärkt einsetzen. Danke an Conny und Ben für den kleinen Impuls, der viel bewirkt hat.

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